Das Touristenunglück bei der Pragerhütte in der Venedigergruppe 1900

Am Kesselkopf, einem mäßigen Felsberg östlich zwischen den Gletschern des Großvenedigers, sind am 13. Juli 1900 zwei junge Berliner Damen Witte und Rademacher von einer Lawine erfaßt, und im Absturz getötet worden.

Die Felsberge sind um diese Zeit nach dem schneereichen Winter noch nicht alle aper, auch war, wie die ersten Nachrichten melden, Neuschnee gefallen, und die beklagenswerten Touristinnen wären am Ziele ihrer an sich kurzen, höchstens vierstündigen Überganstour, in der gastlichen, bewirtschafteten Prager Hütte gewesen, die unmittelbar am Südabhang des Kesselkopfes liegt.

Schon that sich wol ihren Blicken das Bild auf, das die Prager Hütte und südlich davon in erhabener Pracht die Gletscherwelt des Venedigers und seiner Trabanten zeigt, so es es unser Bild auf Seite 130 andeutet, da trat das Verhängnis ein.

Zwei Partien, die, den Touristinnen voraus, glücklich in der Prager Hütte angekommen waren, nachdem niedergegangene Lawinen von ihnen überstiegen worden waren, hatten sofort dem Hüttenwirth der Prager Hütte Mittheilung von den nachkommenden ermüdeten Damen gemacht, und dieser war ihnen mit einer Flasche Glühwein entgegen gegangen und führte die erste der beiden Damen an der Hand, während knapp vor ihm die ältere Dame hinter ihrem Führer ging.

In dieser Situation, an schmaler Stelle des Hochsteigs und an steilem Abhang, riß die Lawine die beiden Damen etwa 150 Mtr. weit in die Tiefe, wo man dann oberflächlich im Schnee ihre Leichen fand, die von der Führerexpedition am anderen Tage nach Windisch-Matrei gebracht wurden.

Der Tod war bei beiden theils durch Erstickung, theils durch schwere Verletzungen eingetreten. Hätte der Hüttenwirth freie Bahn vor sich gehabt, so wäre es wol möglich gewesen, mit den Damen der Gefahr noch zu entlaufen, da er die Lawine kommen sah, und da man sich am Rande ihrer Bahn befand.

Es sollte nicht sein, und zwei Menschenleben fielen einer Tour zum Opfer. Das Bild zeigt die östlich vom Venediger herabflutenden Firnmassen und knapp im Vordergrund, südlich unter der Hütte das Schlatenkees; der schwarze Berg links ist der Kristallkopf, die beiden rechts sind das Rainerhorn und das hohe Aderl, Berge von rund 3.500 Mtr., an die sich sofort weiter rechts vom Bilde der höchste Berg der Gruppe anschließen würde, der Großvenediger mit 3.660 Mtr.

Artikel aus der „Illustrirte Zeitung“ Nr. 2978 vom 26.07.1900.

 

 

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